Solarlux: Größte Geothermieanlage im Landkreis Osnabrück

Es ist eine gigantische Baustelle. Unmittelbar neben der A30 im Meller Ortsteil Drantum herrscht rege Geschäftigkeit. Baumaschinen rollen über das Gelände, massenhaft  Boden wird bewegt und erste Gebäudeteile sind im Rohbau bereits fertiggestellt. Die Firma Solarlux, die bereits seit über 30 Jahren im Landkreis Osnabrück produziert, baut hier ihre neue Firmenzentrale.

Die Herstellung von Glas-Faltwänden, Wintergärten und Fassadenlösungen zieht demnächst von Bissendorf nach Melle - und zwar in einen Gebäudekomplex, der in Sachen Energieeffizienz ganz weit vorne rangieren wird. Neben einer deutlichen Reduktion der Energieverbräuche wird dabei auch die Energiegewinnung im Mittelpunkt stehen, zum Beispiel durch Solarenergie. Den größten Teil der benötigten Wärmeenergie wird aber eine großes Erdwärmesonden-Feld liefern, das in den nächsten Monaten auf der Nordseite des Geländes entlang der Allendorfer Straße entsteht.

Baustelle Geothermieanlage
Baustelle Geothermie

Zwischen 70 und 80 Meter tief sind die Bohrungen, die das Bohrteam auf dem Gelände der Firma Solarlux abgeteuft hat. Das entspricht der Höhe eines 25-stöckigen Hochhauses. Wie bekommt man die Wärme aus einer solchen Tiefe an die Oberfläche?

Das Prinzip ist relativ einfach: Man pumpt durch ein Rohr eine Wärmeträgerflüssigkeit, in diesem Fall reines Wasser, in die Tiefe, wo sie die Wärme aus dem Untergrund aufnimmt. Über ein zweites Rohr gelangt die erwärmte Flüssigkeit wieder an die Oberfläche und kann von dort zur Wärmepumpe weiter geleitet werden.

Was im ersten Moment so einfach klingt, ist in der Praxis natürlich komplizierter.

Aufgerollt auf einer großen Spule bringt das Bohrteam ein Bündel aus insgesamt fünf elastischen, schwarzen Kunststoffrohren zum Bohrloch. „Wozu fünf?“ Fragt sich der Laie.

Dazu muss man zunächst wissen, dass es sich hier um sogenannte „Doppel-U-Sonden“ handelt, die in das Bohrloch eingebaut werden. Hier wird die Trägerflüssigkeit durch zwei Rohre in die Tiefe zum Sondenfuß geführt und über zwei weitere Rohre wieder an die Oberfläche geleitet. Dafür also vier Rohre. Wozu das fünfte dient, erfahren wir erst später.

Als erstes muss das sperrige Bündel aber im Bohrloch versenkt werden. Hier hilft zunächst natürlich die Schwerkraft, während die Spule das Röhrenbündel langsam abwickelt. Da die Bohrung aber zumindest im unteren Teil mittlerweile mit Grundwasser vollgelaufen ist, schwimmt das ganze Paket aber bald auf. Daher wurde vorher am Sondenfuß ein schweres, zylinderförmiges Eisengewicht angebracht,  das den Arbeitern hilft. Trotzdem ist am Ende noch einmal viel Muskelkraft gefragt, um die letzten Meter der Sonde an ihren Bestimmungsort zu befördern. Am Ende verbleibt das Gewicht unterhalb der Sonde im Boden.

Ein Röhrenbündel, das so lose in einem wassergefüllten Bohrloch hängt, würde nur wenig Wärme liefern. Für die Funktion ist es wichtig, dass die Trägerflüssigkeit möglichst nah an den warmen Gesteinsschichten vorbei geleitet wird – die Rohre müssen also direkten Kontakt zum „Gebirge“ haben. Um das zu erreichen, kommt im letzten Schritt das fünfte Rohr zum Einsatz, das unten offen ist und nun mittig zwischen den vier anderen steckt:

Etwas abseits der Bohrlöcher steht eine mannshohe, orangefarbene Maschine – ein Mischer, in dem der so genannte „Verpressmörtel“ angerührt wird. Palettenweise liegen Säcke dieses Materials bereits neben dem Gerät. Von diesem Mischer aus wird der zunächst flüssige Mörtel durch das fünfte Rohr in das Bohrloch gepresst, drängt von unten her das Wasser heraus und füllt so den Raum zwischen Sonde und Bohrlochwand aus. So wird gewährleistet, dass keine Hohlräume übrig bleiben, die später die Wärmeleitung stören würden.

Übrig bleibt – ganz unspektakulär – ein Bündel aus fünf Röhren, das aus dem Boden schaut und auf seinen Einsatz wartet.

Bohrarbeiten

„An drei Tagen schaffen wir etwa vier Sonden“ sagt Maschinenführer Lars Greune von der Firma Fendesack aus Rheine. Zusammen mit einem Auszubildenden und einem weiteren Helfer baut er die Erdwärmesonden in den Boden ein, die demnächst die Betriebsgebäude der Firma Solarlux heizen beziehungsweise kühlen werden. Die Experten für Brunnenbau richteten in den letzten Jahren zunehmend Geothermieanlagen ein. Die Maschine, die es hier auf der Baustelle zu führen gilt, ist ein Kettenfahrzeug vom Format eines kleinen LKW. Es hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Panzer, nur dass anstatt der Kanone an der Front die Antriebs- und Führungselemente für das Bohrgestänge angebracht sind.

Der Einbau der Geothermiesonden ist komplizierter, als man als Laie vermuten würde: Im ersten Schritt wird das Gerät an einen der vorher exakt eingemessenen Bohrpunkte gesteuert und mit vier Hydraulikstützen fest positioniert. Dann wird die erste Bohrstange mit der Bohrkrone eingesetzt, dem gehärteten Kopf des Bohrers. Weil die ersten knapp 10 Meter des Untergrundes relativ locker sind, ist es damit aber nicht getan: „In entgegengesetzter Richtung bohrt sich eine Verrohrung mit ein, damit das Loch nicht wieder zufällt“ erläutert der Auszubildende Tim Löchte.

Und dann geht es Schlag auf Schlag: Nur etwa eine Minute braucht die Maschine, um den Bohrer die ersten drei Meter tief zu versenken. Dann wird das nächste 3-Meterstück Bohrgestänge aufgesetzt. “Zum Glück haben wir hier einen Kran mit Magnethalter, der uns das Heben abnimmt“ zeigt Löchte und lässt die nächste 50-Kilo-Stange in die Halterung schweben, wo der Bohrantrieb das Ganze verschraubt.

Und so senkt sich die Bohrung Meter um Meter in die Tiefe, wobei das zermahlene Gestein vom Spülwasser nach oben in einen Container geschwemmt wird. Hier kann sich der Schlamm absetzen. Hin und wieder hält der Maschinenführer ein schlichtes Küchensieb in den Strom des Spülwassers. „Ich prüfe, was für eine Schicht wir hier durchteufen. Am Bohrgut erkennt man, ob wir uns gerade durch Sand- oder durch Tonstein arbeiten“, sagt Greune und zeigt ein paar sandige Bruchstücke. Ist die gewünschte Tiefe („Teufe“ nennen es die Experten) erreicht, folgt der umgekehrte Ablauf: Stange für Stange wird das Bohrgestänge heraufgezogen und zerlegt. Im oberen Bereich bleibt zunächst allerdings noch die Verrohrung im Boden.

Wenn das Bohrgestänge „gezogen“ wurde, baut das Team die eigentliche Sonde ein, die bereits aufgerollt auf einem besonderen Gestänge wartet. Auch hier gibt es einiges zu beachten - mehr dazu im nächsten Beitrag.

Nicht weniger als 71 einzelne Sonden werden demnächst aus ca. 75 Metern Tiefe Wärme liefern, die dann per Wärmepumpe an das Heizungssystem der Gebäude übergeben wird. Mit ihrer Leistung von etwa 300 Kilowatt entsteht damit bei Solarlux die größte zusammenhängende Geothermieanlage im gesamten Landkreis.

Bereits im August 2014 fand im Bereich des zukünftigen Sondenfeldes eine Probebohrung statt, die Aufschluss über den geologischen Aufbau des Untergrundes gab. Ein sogenannter „Thermal-Response-Test“ folgte im September. Dabei wird eine normale, eingebaute Erdwärmesonde mit aufgeheiztem Wasser beschickt. Anschließend wird gemessen, wie weit das Wasser beim Durchfluss abkühlt. Und wozu dieser Aufwand? Um die Größe der gesamten Anlage passend dimensionieren zu können, muss bekannt sein, wie gut der Untergrund die Wärme leitet.

Das Ergebnis war erfreulich: Der Untergrund gibt ausreichend Energie ab, um damit zukünftig die neuen Gebäude im Winter heizen und im Sommer kühlen zu können.

In Kürze wird mit dem Einbau der Sonden begonnen. Dann wird über mehrere Wochen das Bohrgerät auf der Fläche im Einsatz sein.

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