
Stadt und Landkreis wollen Medizinische Hochschule in Osnabrück aufbauen
Osnabrück. Seit Jahren gibt es im Bereich Humanmedizin deutlich weniger Studienplätze als Bewerbungen. Zugleich bestehen insbesondere im ländlichen Raum wie dem Landkreis Osnabrück und in mittelgroßen Städten wie der Stadt Osnabrück wachsende Versorgungsengpässe im ambulanten wie stationären Sektor.
Gemeinsame Initiative für medizinische Ausbildung
„Vor diesem Hintergrund wollen Stadt und Landkreis Osnabrück gemeinsam die vorausschauende Ausbildung eigener Medizinerinnen und Mediziner in der Region angehen“, kündigt Osnabrücks Oberbürgermeisterin Katharina Pötter an. „Gemeinsam mit der Universität Osnabrück, der Hochschule Osnabrück, lokalen Kliniken und externen Fachberatern haben wir uns in einem Interessenkonsortium zusammengeschlossen, um den Aufbau einer privatrechtlich getragenen medizinischen Hochschule mit einem Studiengang Humanmedizin zu initiieren“, erläutert Pötter.
Sicherung der medizinischen Versorgung
„Bereits jetzt fehlen in vielen Kommunen Ärztinnen und Ärzte. Deshalb engagiert sich der Landkreis Osnabrück seit vielen Jahren, um etwa die Gründung von Hausarztpraxen zu unterstützen“, sagt Landrätin Anna Kebschull. „Eine medizinische Hochschule sehen wir als weiteren, wesentlichen Schritt, um junge Menschen aus und für die Region zu gewinnen, sich hier langfristig als Hausärztinnen und Hausärzte niederzulassen oder in unseren Kliniken tätig zu werden. Die medizinische Versorgung insbesondere im ländlichen Raum sicherzustellen, ist zentral für die Zukunft unserer Region.“
Projektziele und Ablauf in drei Phasen
Ziel des Vorhabens ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Entlastung des überlasteten Medizinstudienmarkts zu leisten und gleichzeitig den Bildungs- und Gesundheitsstandort Stadt und Landkreis Osnabrück langfristig zu stärken. Das Projekt ist dabei in drei aufeinanderfolgende Phasen untergliedert:
- Initiierungsphase (ca. 2,5 Jahre): Entwicklung der universitären Grundstruktur, Erstellung des Studiengangkonzepts, Entwicklung aller Ordnungen und Antragsunterlagen zur Zulassung.
- Aufbau- und Aufwuchsphase (5,5 bis 7,5 Jahre): Semesterweise Aufnahme von Kohorten à 50 Studierenden mit sukzessivem Personal- und Infrastrukturaufbau.
- Steady State: Vollauslastung mit 500 Studierenden und wirtschaftlicher Selbstständigkeit der Hochschule.
Die medizinische Versorgung insbesondere im ländlichen Raum sicherzustellen, ist zentral für die Zukunft unserer Region.
Finanzierung und Trägermodell
Mit der Projektplanung soll das ICO beauftragt werden, das mit allen relevanten Partnern entsprechende Gespräche führen soll. Die Finanzierung erfolgt im Wesentlichen durch kommunale Mittel, projektbezogene Drittmittel sowie Studiengebühren. Nach dem Abschluss der Aufbauphase wird die Hochschule durch Studiengebühren finanziert. Der kommunale Finanzierungsanteil, den Stadt und Landkreis paritätisch teilen werden, ist abhängig vom endgültigen Trägermodell und dürfte sich auf ca. 8 Millionen Euro belaufen. Hinzu kommen voraussichtlich 2 Millionen Euro für die Initiierungsphase.
Motivation und Perspektiven
„Angesichts des Ärztemangels besonders im ländlichen Raum und der großen bundesweiten Nachfrage nach Studienplätzen ist es wichtig, selbst aktiv zu werden und eine Medizinausbildung vor Ort zu gestalten. Die eigene medizinische Hochschule bietet uns die Chance, Studieninhalte, Zulassungsvoraussetzungen und Finanzierungsmodelle in unserem Sinne zu gestalten“, erläutert Landrätin Kebschull. „Wir wollen Anreize schaffen, damit der ärztliche Nachwuchs in der Region bleibt. Weiterhin gilt es, ganz besonders den Pflegebereich und die Ausbildung des medizinischen Fachpersonals zu stärken.“
Bestehende Strukturen als Fundament
Oberbürgermeisterin Pötter ergänzt: „Dafür bietet Osnabrück hervorragende Strukturen, denn Universität und Hochschule leisten bereits jetzt viel für die Gesundheitsversorgung. Außerdem haben wir hervorragende Kliniken, die bereits heute wesentliche Beiträge zur Ausbildung Medizinstudierender anderer Universitäten leisten. Das einzige, was bislang fehlte, ist die Ausbildung eigener Medizinerinnen und Mediziner.“
Nächste Schritte zur Umsetzung
Stadt und Landkreis würden nun die politischen Gremien weitergehend informieren und eine Entscheidung über den Start in die Initiierungsphase vorbereiten, gleichzeitig sollten die Gespräche mit den Projektpartnern wie den Kliniken weiter intensiviert werden. „Tragen die politischen Gremien in Stadt und Landkreis das Vorhaben mit, kann noch in diesem Jahr die Initiierungsphase anlaufen. Bestenfalls könnten zum 1. Oktober 2027 dann die ersten 50 Medizinstudierenden ihre Ausbildung in Osnabrück beginnen“, sagt Pötter.
Rückhalt aus der Wissenschaft
„Die Gründung einer kommunalen medizinischen Hochschule bietet vielfältige Möglichkeiten der Kooperation mit den Osnabrücker Hochschulen“, hebt Professor Susanne Menzel-Riedl, Präsidentin der Universität Osnabrück, hervor. „Wir begrüßen die Initiative sehr und verstehen uns als Universität als aktive Partnerin für die Curriculumsentwicklung und die Entwicklung eines Forschungsprofils. Gerade in der Grundlagenforschung bietet die Universität Osnabrück vielfältige Anknüpfungspunkte für eine medizinische Hochschule, was wiederum ein wichtiger qualitätssichernder Faktor ist. Insgesamt wird durch die Initiative der Wissenschaftsstandort Osnabrück entschieden gestärkt und die Attraktivität für Studierende gesteigert.“
Hochschule Osnabrück sieht Chancen zur Kooperation
Auch Professor Alexander Schmehmann, Präsident der Hochschule Osnabrück, unterstützt das Vorhaben: „Wir haben bei der Entwicklung von Studiengängen für nicht-ärztliche Gesundheitsberufe an der Hochschule Osnabrück Pionierarbeit geleistet. Vor diesem Hintergrund sehen wir gute Kooperationsmöglichkeiten zwischen der Hochschule und einer Medizinischen Hochschule in der Forschung, Lehre sowie Infrastruktur und Verwaltung. Kooperieren statt Konkurrieren ist hier die Devise: Gemeinsam können wir etwas schaffen, das gut für die gesundheitliche Versorgung in der Region und gut für den Wissenschaftsstandort ist.“